Was ist Information? (2024)

Bei der „Information“ handelt es sich um einen Begriff von fundamentaler Bedeutung für die gesamte Menschheit[1]. Je nachdem, auf welchem Gebiet vom Informationsbegriff Gebrauch gemacht wird, begegnet man ihm in unterschiedlichen Bedeutungen und Definitionen, eingebettet in ein Netzwerk von Verknüpfungen mit verwandten Begriffen, und dies zuweilen in verwirrender Vielfalt (nachfolgend in den Kapiteln A bis F). Eine gute Grundlage für diese Betrachtungen bildet das Begriffsdreieck von Ogden und Richards (in „The Meaning of Meaning“).

Was ist Information? (1)

Das semiotische Dreieck aus Charles Kay Ogden und Ivor Armstrong Richards (1923): The Meaning of Meaning: A Study of the Influence of Language upon Thought and of the Science of Symbolism, S. 11.

A Gegenstand („Referent“ an der rechten Ecke des Begriffs-dreiecks): Alles, worüber eine Aussage gemacht werden kann.

Wer einen Gegenstand geschaffen hat und ihn in die Kommunikation mit seinen Mitmenschen einbringen will

  1. hat das Recht und steht vor der Notwendigkeit, diesen Gegenstand zu benennen.

  2. setzt sich oft dem Widerspruch und oft sogar der Feindschaft des Zeitgeistes aus.

B Benennung für einen Gegenstand („Symbol“ an der linken Ecke des Begriffsdreiecks)

  1. Nichtlexikalisch, paraphrasierend- satzartig, definitionsartig, unter Verwendung des zeitgenössischen Wortschatzes der Kommunikations­partner.

Die nichtlexikalische Art ist die Urform der Benennung eines Gegenstandes. Sie steht jederzeit zur Verfügung. Aber es ist ungewiss, für welche Wortwahl und für welche Art der Wortverknüpfung (Syntax) sich ein Autor entschieden haben könnte. Eine solche Benennung ist deswegen nur lückenhaft in der Literatur auffindbar.

Beispielsweise werden die Symptome einer neu auftretenden Krankheit aufgezählt oder es wird der Verlauf des Ereignisses beschrieben, über welches kommuniziert werden soll.

  1. Lexikalisch, wortartig als feststehende Benennung

Bei genügend groß gewordenem Bedarf an lückenloser und schneller Auffindbarkeit eines Gegenstandes und an der reibungslosen Kommunikation über denselben wird unter den Kommunikationspartnern eine Erweiterung des Wortschatzes beschlossen und es wird eine lexikalische, wortartige Benennung des Gegenstandes vereinbart. Man spricht dann fortan z. B. über „AIDS“ oder „Wasserglätte“.

Diese Art der Benennung eines Gegenstandes bedarf der Vereinbarung unter den Kommunikationspartnern. Die lexikalische Ausdrucksweise begegnet uns in gut voraussehbarer Form und ist deswegen auch leicht in der Literatur auffindbar.

Aber auch nach einer solchen Wortschatzerweiterung ist noch immer damit zu rechnen, dass ein Autor die nichtlexikalische Art Benennung für den Gegenstand des Interesses gewählt haben könnte.

Zuweilen wird beschlossen, dass die ältere Literatur, in welcher vor einer solchen Vereinbarung der betreffende Gegenstand noch in der nichtlexikalischen, schwer auffindbaren Form erschienen ist, von Fachleuten erneut durchgelesen wird. Es wird dann die dort noch vorhandene nichtlexikalische Benennung durch die neu vereinbarte lexikalische Benennung ersetzt, wenn auch unter großem Aufwand. Dies ist bei der Einführung des Krankheitsnamens „AIDS“ geschehen.

Aber auch nach vollzogener Wortschatzerweiterung ist noch immer damit zu rechnen, dass einer der Kommunikationspartner die nichtlexikalische Form der Benennung verwendet hat.

Ratsames zur Benennung von Gegenständen

Zur Einschränkung der Missverständlichkeit sprachlicher Ausdrucksweisen sollte nach Möglichkeit für einen neuen Gegenstand auch eine neue Benennung verwendet werden.

Die Wiederverwendung eines herkömmlichen Ausdrucks mit bereits festliegender Bedeutung für einen neuen Gegenstand führt zu Missverständnissen. Hier sind die Interpretationsbereitschaft und Interpretationsfähigkeit der Kommunikationspartner gefordert und zuweilen überfordert. Die biblische „Verklärung“ bedeutet heute den Bericht eines Kapitäns über der Verlauf eines Schiffsunglücks.

Aber einer neuen Wortschöpfung mangelt es in der natürlichen Sprache oftmals an Akzeptanz, wie es Görnitz mit „Protyposis“ für einen quantenmechanischen Begriff ergangen ist.

Zur Verdeutlichung der Ausdrucksweise sollte in dieser ein wesentliches Merkmal des neuen Gegenstandes erkennbar sein. Es sollten auch in der Benennung eines Gegenstands keine darin nicht vorhandenen Merkmale vorgetäuscht werden wie es z. B. bei der „Gottesanbeterin“ (einem räuberisch lebenden Insekt) geschieht und beim „Braunen Bär“ (einer Schmetterlingsart). Beim „Hühnerauge“ handelt es sich nicht um das Auge eines Huhns.

Der Wortschatz der natürlichen Sprache entwickelt sich in Wildwuchs und wird großenteils von sprachwissenschaftlichen Laien vorangetrieben. Auch in der Gegenwart beobachten wir den Bedeutungswandel von Wörtern in der Umgangssprache, d. h. es wird für die Benennung eines Gegenstands ein Wort benutzt, welches bereits für einen anderen Gegenstand eingebürgert ist und dort eine andere Bedeutung hat, z. B. „toll“ für „sehr gut“.

Hier bleibt es dem Nachrichtenempfänger und seiner Interpretationsfähigkeit und Interpretationsbereitschaft überlassen, die gemeinte Bedeutung zu erkennen.

Wo eine solche Missverständlichkeit untragbar ist, wie z. B. in der Medizin, werden Kunstsprachen gebraucht, in welchen für die Gegenstände des Interesses nur eindeutige und aussagestarke Wörter verwendet werden. Hier sind spezielle Komitees tätig, z. B für Latein im Vatikan und für die Kunstsprache Esperanto (der es aber an Akzeptanz mangelt).

C Begriff („thought of reference“ an der oberen Ecke des Begriffs-dreiecks) Der Begriff umfasst als Denkeinheit die wesentlichen Merkmale eines Gegenstandes.

Verschiedene Personenkreise verbinden unterschiedliche Begriffe mit ein und demselben Gegenstand, je nachdem, was von ihnen jeweils als wesentlich angesehen wird. Beispielsweise ist es beim Benzol für die Feuerwehr wesentlich, dass Benzol mit stark rußender Flamme brennt, mit Luft explosive Dämpfe bildet und dass ein Benzolbrand nicht mit Wasser zu löschen ist, sondern mit Schaum. Wesentlich für den Biologen ist, dass Benzol ein Blutgift ist und durch Einatmen zur Wirkung kommt. Wesentlich für den Chemiker ist, dass es sich beim Benzol um sechsgliedrige Ringmoleküle aus Kohlenstoffatomen handelt und um den Stammkörper einer großen Gruppe von chemischen Verbindungen.

Es wäre abwegig und anmaßend, wenn die Feuerwehr für ihren Begriff von Benzol ohne Einschränkung die Allgemeingültigkeit für alle Wissensgebiete beanspruchen würde. Ein solches Fehlverhalten ist verbreitet beim Informationsbegriff der Nachrichtentechniker und Informatiker anzutreffen. (siehe Kapitel F).

Es herrscht weitverbreitet Verwirrung durch die Gleichsetzung von Begriff und Wort, also der Benennung des Begriffs. Oft wird „Begriff“ gesagt, wenn in Wirklichkeit „Wort“ gemeint ist.

D Nachricht

Der Versuch eines Lebewesens, zur Ergänzung oder Korrektur des Wissensschatzes oder des Verhaltens eines anderen Lebewesens beizutragen unter Verwendung des Wortschatzes einer Sprache.

E Information für den Kreis derjenigen, welche sich von einer Nachricht erfreuliche oder nützliche Belehrung für ihr Alltags- und Berufsleben versprechen.

Hier handelt es sich um die Sichtweise der Vertreter von Informationswissenschaft und -praxis. Für sie und für den Mann auf der Straße gilt:

  1. Information ist eine Nachricht, die für den Empfänger von Interesse ist.

So oder ähnlich ist diese Definition weitverbreitet in der Literatur anzutreffen. Wesentlich ist die Einbeziehung des Empfängers einer Nachricht und seine subjektive Entscheidung bei der Beurteilung ihres Wertes.

Viel Verwirrung entsteht dadurch, dass oft kein Unterschied zwischen Nachricht und Information gemacht wird.[2]

Diese Definition berücksichtigt den hochgradig subjektiven Charakter von „Information“ dieser Art. Jeder Mensch hat andere Interessen, bewegt sich in einem anderen Umfeld und hält deswegen etwas anderes für interessant und wesentlich.

Diese Informationsdefinition lässt auch die Unmöglichkeit erkennen, in einer Nachricht auf programmiertem Weg sicher und ballastfrei die darin enthaltene Information zu ermitteln.

F Information für den Kreis der Nachrichtentechniker

Nachrichtentechniker interessieren sich vornehmlich für den störungsfreien, schnellen und kostensparenden Transport einer Nachricht. Mit dieser Interessenlage befinden sie sich im Gegensatz zu dem unter E vorgenannten Personenkreis der Vertreter von Informationswissenschaft und -praxis.

Man stützt sich hier auf die Nachrichtentechniker Shannon und Weaver und ihre „Mathematical Theory of Communication“. Hier wird ausdrücklich davon Abstand genommen, bei einer „Communication“ die Mitwirkung des Empfängers einer Nachricht in Betracht zu ziehen, obwohl es doch ohne einen solchen gar keine „Communication“ gibt und obwohl man doch die Communication auf seine Fahne geschrieben hat.

Hier gilt: „Das Maß für Information ist das Bit“ (Binary digit). Hiernach enthalten zwei Bücher der gleichen Art doppelt so viel „Information“ wie ein einzelnes Buch. Der Satz „Drei mal drei ist neun“ enthält so gesehen mehr „Information“ als die Aussage „3 x 3 = 9“, weil er mehr Bits enthält.

Wenn mir beim Schreiben dieses Textes ein Gegenstand auf die Leerstellentaste fällt und wenn deswegen zusätzlich Hunderte von Wortzwischenräumen mit entsprechend vielen Bits entstehen, dann tritt aus dieser Sicht ein entsprechend großer Zugewinn an „Information“ ein, obwohl es sich hier lediglich um ein ärgerliches Missgeschick von unbestreitbarer Nutzlosigkeit für jedermann handelt. Eine Korrektur wäre mit einem Verlust an Shannon-Weaverscher „Information“ verbunden. Deutlicher kann nicht zu Tage treten, dass eine Informatik, welche solches lehrt, in einer definitorischen Krise steckt.

Begibt man sich in der Wissenschaftsgeschichte auf die Suche nach einem Analogfall zum Vorgehen von Shannon und Weaver, so wird man erfolglos bleiben. Ein solcher Fall wäre ein Chemiker, welcher im System der chemischen Elemente mit seinen acht Perioden die „mathematische“ Grundlage der Chemie erblickt und es ablehnt, den großen Bereich der miteinander verknüpften Kohlenstoffatome in seine Betrachtungen einzubeziehen, wie man ihm beispielsweise in den Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten begegnet.

Der Shannon-Weaversche „Informations“-Maßstab für einen Text in Bits verdient nicht, mit dem Informationsbegriff in Verbindung gebracht zu werden. Er dient allein dazu, aus einem Text etwas Messbares zu machen[3]. Man könnte genauso gut das Gewicht eines Textes in Kilogramm als Maßstab nehmen und als Maßzahl für „Information“ heranziehen.

Auch die nachfolgenden Generationen von Nachrichtentechnikern haben an dieser Außerachtlassung des Nachrichten-Empfängers beim Kommunikationsprozess festgehalten. Hier hat wohl das Attribut „mathematical“, das sich diese Theorie zugelegt hatte, Abschirmung gegenüber Kritik bewirkt[4].

Die Nachrichtentechniker haben sich später in „Informatiker“ umbenannt. Es ist abwegig und anmaßend, dass Informatiker die Gültigkeit ihres speziellen „Informations“-Begriffs auch für alle anderen Gebiete beanspruchen, in denen dieser Begriff eine Rolle spielt.

Es sind auch viele andere Definitionsversuche für den Informationsbegriff veröffentlicht worden. Bei manch einem von ihnen ist nicht zu erkennen, welchem Personenkreis er dienlich sein könnte.

G Lebewesen

Die weitverbreitet akzeptierte Definition außerhalb von Medizin, Biologie und Genetik benennt den eigenen Stoffwechsel, die Fähigkeit zur Reproduktion und zur Verarbeitung von Reizen als wesentliche Merkmale eines Lebewesens. Hierüber werden die Biologen noch nachdenken müssen, weil man Organismen namens „Bärtierchen“ gefunden hat, welche zur Reproduktion befähigt sind, welche aber ohne eigenen Stoffwechsel auskommen, zumindest zeitweise. Selbst wenn man sie schutzlos der Weltraumkälte und -strahlung aussetzt (so geschehen an der ISS Weltraumstation), erleiden sie keinen nachhaltigen Schaden.

Robert Fugmannr.fugmann@amweg.de

22. Februar 2022

Was ist Information? (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Van Hayes

Last Updated:

Views: 6215

Rating: 4.6 / 5 (46 voted)

Reviews: 93% of readers found this page helpful

Author information

Name: Van Hayes

Birthday: 1994-06-07

Address: 2004 Kling Rapid, New Destiny, MT 64658-2367

Phone: +512425013758

Job: National Farming Director

Hobby: Reading, Polo, Genealogy, amateur radio, Scouting, Stand-up comedy, Cryptography

Introduction: My name is Van Hayes, I am a thankful, friendly, smiling, calm, powerful, fine, enthusiastic person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.